Gerne nehmen wir an der Konsultation zur Teilrevision NZV-BAV zur Festlegung des Trassenpreises 2025-2028 teil und geben im Folgenden unseren Beitrag bezogen auf den Güterverkehr.
Die europäische Wirtschaft befindet sich derzeit in einer Krise, die durch mehrere Faktoren verschärft wird. Der anhaltende Konflikt in der Ukraine und die damit verbundenen Unsicherheiten belasten die wirtschaftliche Stabilität der Region. Gleichzeitig sind die Energiepreise auf einem hohen Niveau, was zu steigenden Produktionskosten und einem geringeren verfügbaren Einkommen führt.
Auch die Weltwirtschaft steht vor grossen Fragezeichen, insbesondere aufgrund des Konjunkturabschwungs in China. Diese Unsicherheiten führen zu einem Rückgang des Güteraustauschs sowohl innerhalb Europas als auch weltweit.
In Europa verzeichnen wir seit Mitte 2022 einen kontinuierlichen Rückgang der Transportvolumen im Kombinierten Verkehr. Der starke, strompreisgetriebene Kostenanstieg für Bahntraktion in Höhe von durchschnittlich 10% führt im rezessiven Wirtschaftsumfeld zu Rückverlagerungen auf die Strasse. Für 2023 vermeldet die Dachorganisation UIRR ein Minus von ca. 15% im Vergleich zum Vorjahr, während der Strassentransport nur um wenige Prozentpunkte gesunken ist. Auch in der Schweiz werden Volumenrückgänge im hohen einstelligen Bereich gemeldet.
Toxische Wirkung von Kostensteigerungen bei schwacher Nachfrage mit sinkenden Strassentransport-Preisen
Für die Mobilitätswende und die Verkehrsverlagerung ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Schiene in diesem schwierigen Umfeld wettbewerbsfähig bleibt. Eine Erhöhung der Infrastrukturkosten ist äusserst kontraproduktiv. Während der Strassentransport möglicherweise die Preise senkt, um bei sinkendem Volumen eine ausreichende Auslastung zu erzielen, würde eine Preiserhöhung des Schienenverkehrs unweigerlich zu einer Rückverlagerung auf die Strasse führen, insbesondere im Kontext der gegenwärtigen unbefriedigenden Qualität auf der Nord-Süd-Achse durch die Schweiz.
Die Verhinderung dieser Entwicklung ist ein zentrales Anliegen, um die Mobilitätswende voranzutreiben und die erreichten Ergebnisse Verkehrsverlagerung auf die Schiene nicht rückgängig zu machen.
Teilrevision NZV-BAV: Güterverkehr wird überproportional belastet
Kernelement der Revision ist die Erhöhung des Verschleissfaktors um 18,5% von 0,33 auf 0,39 Rp/Btkm. Diese Mehrbelastung findet praktisch zeitgleich statt mit einer Erhöhung der Energiekosten von 12 auf 14 Rp/kWh ab 2024 (+ 16,7%). Bereits 2023 wurden die Energiekosten von 11 auf 12 Rp/kWh erhöht. Gesamthaft steigen die Kosten für Bahnstrom im Zeitraum 2022-2024 um 27,27%. Der Grund dafür ist das Auslaufen der 2022 gewährten aussergewöhnlichen Ermässigung auf die Energiekosten.
Für den Güterverkehr mit seinen schweren Zügen sind genau diese beiden Elemente die massgeblichen Werte im Mix der Infrastrukturkosten. Die avisierten Preiserhöhungen für Energie und Verschleiss wirken sich überproportional für den Güterverkehr aus und führen, je nach Strecke, Zugtyp und Zuggewicht, zu Preiserhöhungen von rund 30% unter Berücksichtigung alle Elemente der Trassenabrechnung (Rabatt Zuglänge, Lärmbonus, Gefahrgutzuschlag und Haltegebühr).
Als Beispiel, hier die Entwicklung der Infrastrukturkosten 2023-2025 für einen Güterzug Basel-Pino mit 1647 Bruttotonnen in Einfachtraktion via Gotthard, basierend auf den genannten Preiserhöhungen.
Als Begründung für die Erhöhung des Basispreises Verschleiss um 18,5% werden gestiegene gewichtsabhängige Grenzkosten angegeben. Während die Berechnung dafür nicht transparent ist, beschleunigt diese Preiskomponente, die als Anreiz für die Beschaffung von fahrbahnschonendem Rollmaterial gedacht ist, keineswegs den Ersatz von Bahnwagen mit ihrer langen Lebensdauer von 2-3 Jahrzehnten. Zudem ist der Anreiz zu gering, als dass er zur Deckung der Mehrkosten für verschleissarmes Rollmaterial beitragen könnte.
In anderen Worten: Die Erhöhung des Verschleissfaktors dient der Kostendeckung des Infrastrukturbetreibers, trägt nicht zur beschleunigten Renovierung der Wagenflotten bei, verteuert den Schienengüterverkehr durch die Schweiz und verschlechtert somit die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse. Bereits heute gehören die Trassenpreise der Schweiz zu den höchsten in Europa.
Verlagerung fördern, Infrastruktur entlasten
Die knappe Kapazität der Infrastruktur wird durch lange, schwere Züge am besten genutzt. Elemente des Trassenpreissystems, welche den Güterverkehr in diesem Sinne begünstigen könnten, haben leider nur eine beschränkte Wirkung.
Der Anreiz für lange Züge (1 Rp/Zug-km für jeden Meter Anhängelast über 500 m) findet im internationalen Güterverkehr nur beschränkt Anwendung, da das 740m-Netz insbesondere in Deutschland noch nicht ausgebaut ist. Die Anhängelast beträgt hier maximal 650 m. Ein weiterer limitierender Faktor sind die Neigungen der Strecken, welche infrastrukturseitig noch nicht beseitigt wurden. Um bei schweren Zügen auf anreizfähige Zuglängen zu kommen, ist in vielen Fällen eine Doppeltraktion erforderlich. Die hohen Kosten hierfür sind wirtschaftlich nicht vertretbar.
Um die Wirtschaftlichkeit des Schienengüterverkehrs zu erhalten und zu verbessern, sind folgende Massnahmen erforderlich:
- Keine Erhöhung des Basispreis Verschleiss
- Fortsetzung der Ermässigung für Bahnstrom auf 11 Rp/kWh
- Kappung der gewichtsbasierten Trassenpreiselemente bei 1600 t, um einen Anreiz für die maximale Nutzung der Trassen zu schaffen
- Verdoppelung des Anreizes für lange Züge auf 2 Rp pro Zug-km
- Beibehaltung des Lärmbonus aufgrund der erheblichen Investitionen und Mehrkosten in lärmarmes Rollmaterial
- Neuregelung des Stornoentgelts: Nichtanwendung bei betriebs- oder baustellenbedingten Zugsausfällen im Ausland
Wir danken für die Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen für weitere Gespräche gerne zur Verfügung.
Kontakt
BLS Cargo Michael Ruefer, michael.ruefer@bls.ch
DB Cargo Malte Günther, malte.guenther@deutschebahn.com
Hupac Irmtraut Tonndorf, itonndorf@hupac.com
Railcare Philip Wegmüller, philipp.wegmueller@railcare.ch |