Studie: Rastatt-Unterbruch

Der Einsturz eines Eisenbahn-Tunnels am 12. August 2017 in der Nähe von Rastatt im Rheintal, der als „der Rastatt-Unterbruch“ bezeichnet wird, hatte eine noch nie zuvor da gewesene Unterbrechung von schienenbasierten Logistikketten in ganz Europa zur Folge. Die durch menschliches Verschulden entstandene 51-tägige Sperrung unterstrich, dass die national organisierten Eisenbahninfrastruktur-betreiber-Monopole nicht mit dem zunehmend die Grenzen überschreitenden Schienengüterverkehr quer durch die Europäische Union in Einklang zu bringen sind.

 

Zwei Eisenbahn-Verbände (die ERFA und das NEE) und UIRR, die Internationale Vereinigung für den Kombinierten Verkehr Straße-Schiene, haben deshalb bei der Hanseatic Transport Consultancy (HTC) eine Studie zur Frage in Auftrag gegeben, welche Schäden insgesamt durch den Rastatt-Unterbruch bei Schienengüterverkehrs-Logistikern und ihren Kunden sowie in ihrem Umfeld entstanden. Diese Studie wurde heute der Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Die gesamten Schäden beliefen sich danach auf 2,048 Milliarden Euro.

 

  • 969 Millionen Euro verloren die Schienenlogistiker wie Eisenbahnunternehmen, Container-Terminalbetreiber und Logistik-Dienstleister.
  • 771 Millionen Euro verloren die produzierenden Unternehmen und
  • 308 Millionen Euro betrugen die Schäden bei der Infrastruktur der Eisenbahn und in deren Logistikketten eingebundener anderer Verkehrsträger.

Die Lehren, die aus dem Rastatt-Unterbruch gezogen werden sollten, sind Thema in europäischen Arbeitsgruppen. Sie zielen auf ein grenzüberschreitendes Notfallmanagement-Handbuch für die Infrastruktur- wie auch für die Verkehrsunternehmen der Eisenbahn. Zusätzlich sollen einige Schlüsselfragen für den Betrieb der Eisenbahnen klargestellt werden. Es ist aus Sicht der Verbände besonders wichtig, den Schaden für die Volkswirtschaft zu verstehen, den der Rastatt-Unterbruch nach sich zog. Die heute veröffentlichte Studie schließt hier eine Lücke, in dem sie die Auswirkungen des Vorfalls monetarisiert und damit in eine „Business-Sprache“ übersetzt.

 

Ralf-Charley Schultze, Präsident der UIRR, unterstrich, dass das verloren gegangene Vertrauen der Marktteilnehmer in den Schienengüterverkehr und die Verkehre des kombinierten Transports Straße-Schiene nur durch adäquate, europaweite Notfallpläne wieder hergestellt werden könne. Diese müssten auch finanzielle Entschädigungen für die Marktteilnehmer beinhalten, die von den durch den Vorfall hervorgerufenen Zusatzkosten besonders betroffen seien. Schienengüterverkehrslogistiker seien nicht so gut kapitalisiert, um solche Zusatzkosten über längere Zeit selbst tragen zu können.

 

Carole Coune, Geschäftsführende Generalsekretärin der ERFA wies darauf hin, dass europäische Güterverkehrsunternehmen durch diesen Vorfall sowohl operativ wie finanziell stark belastet wurden und nicht in der Lage seien, derartige Verluste zu tragen. Die ERFA mahnt deshalb die schnelle Klärung und Auszahlung von Schadensersatzansprüchen an. Danach sollte sich das Augenmerk darauf richten, dass künftige Vorfälle dieser Art nicht dieselben Folgen nach sich ziehen und die Wettbewerbsfähigkeit nicht zugunsten der Straße verschieben. Die Entwicklung von Notfallplänen und ein besseres Manage-ment der Eisenbahn-Infrastruktur, vor allem dort, wo grenzüberschreitender Verkehr betroffen ist, müssten die positive Folge dieses gravierenden Vorfalls sein. Das sei für die ERFA die oberste Priorität.

 

Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE, warnte davor, “Rastatt” zu schnell zu den Akten zu legen. Der Entwurf eines Handbuchs sei bislang eine Liste richtiger, aber unvollständiger Vorschläge. Es sei noch nicht klar, ob die nationalen Infrastrukturbetreiber diese in die Praxis umsetzen werden oder nicht. Wichtige Forderungen der Schienenlogistiker seien gar nicht aufgenommen worden, insbeson-dere die Koordination von Eisenbahnbaustellen über Grenzen hinweg, die Erstattung von Zusatzkos-ten, die durch Umleitung entstehen und die Entwicklung bzw. Erweiterung von parallel verlaufenden Strecken, damit der Eisenbahnverkehr im Falle eines Unfalls oder einer Baustelle fortgesetzt werden kann. Jeder einzelne Tag Stillstand nach dem Rastatt-Unterbruch habe in ganz Europa Schäden von etwa 40 Millionen Euro verursacht. Es müsse deshalb klar sein, dass sich so etwas wie der Rastatt-Unterbruch nie wiederholen dürfe.

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